Das wichtigste Klimagesetz der Welt nähert sich der Fertigstellung

Brüssel Noch nie waren die Energiepreise in Europa so hoch wie in diesem Jahr. Den Kern ihres Klimaschutzprogramms, der den Verbrauch fossiler Energie noch verteuern soll, will die EU allerdings beibehalten.

Unternehmen und Verbraucher werden dies in einigen Jahren bemerken. Beobachter sind jedoch überrascht, dass die Gesetzgebung ihre Endphase erreicht hat.

Die entscheidende Maßnahme ist die Reform des europäischen Emissionshandels. Bis 2030 soll 25-mal mehr CO2 eingespart werden als durch das Verbrennungsmotor-Verbot.

Damit die Gesetze verabschiedet werden können, muss eine Einigung zwischen dem EU-Parlament und den EU-Mitgliedstaaten erzielt werden, über die an diesem Freitag und Samstag verhandelt wird. „Wenn die Verhandlungen erfolgreich sind, wird das weltweit zu spüren sein“, sagt Matthias Buck, Leiter des Brüsseler Büros der Denkfabrik Agora Energiewende. “Europa hat jetzt die Chance, seine Vorreiterrolle beim Klimaschutz zu behaupten.”

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Aber Scheitern ist möglich. Es gab sechs Verhandlungsrunden, in denen bisher vergleichsweise wenig Fortschritte erzielt wurden. “Wir haben noch nicht einmal alle heiklen Punkte angerufen”, sagt Michael Bloss, ein Grünen-Politiker, der an den Gesprächen im Parlament teilnimmt. “Weil die Gegenseite in diesen Punkten keine Verhandlungsbereitschaft gezeigt hat.”

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Die wichtigsten zu beantwortenden Fragen im Überblick:

Weit verbreiteter Emissionshandel

Industrieunternehmen, deren Produktion CO2 verursacht, müssen dafür Zertifikate kaufen. Da die Zertifikate Jahr für Jahr weniger werden, sind Unternehmen gezwungen, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Zertifikate können im ETS („Emission Trading System“) gehandelt werden.

Nach dem ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission soll dieses Prinzip künftig auch für Privatpersonen und kleine Unternehmen gelten: Wenn sie Benzin oder Diesel tanken oder mit Öl oder Gas heizen, sollen CO2-Steuern gezahlt werden . Die Rede ist von „ETS2“. Diese eigentlich einfache Idee droht zu einem bürokratischen Alptraum zu werden.

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Im Parlament wurde debattiert, ob private Verbraucher wirklich mit zusätzlichen Tarifen belastet werden sollten und ob die Industrie mehr zahlen sollte. Deshalb einigten sich die Abgeordneten auf einen komplizierten Kompromiss: Unternehmen sollen den Preis für CO2 zahlen, Privatpersonen nicht.

die Schornsteine ​​einer Raffinerie

Die kostenlosen CO2-Zertifikate laufen 2032 aus.

(Foto: imago images/Future Image)

Der Kompromiss führt zu großen Problemen, zum Beispiel wenn in einem Haus mit Zentralheizung sowohl Wohnungen als auch Geschäfte sind. An Tankstellen sollte der Kassierer nachfragen, ob der Privat- oder Firmenwagen voll ist, und sich auf die Ehrlichkeit der Kunden verlassen.

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Die Mitgliedsstaaten nehmen eine andere Position ein: Sie wollen Einzelpersonen einbeziehen, nicht aber den heißen Prozess kleiner Unternehmen. Eine Bäckerei könnte billiges Gas für ihren Ofen bekommen, müsste aber den CO2-Preis für die Beheizung ihres Cafés bezahlen. Es ist noch nicht klar, wie es realisiert werden soll.

Klimaschützer wollen am Wochenende alle Ausnahmeregelungen streichen, damit jeder Liter Benzin und jede Kilowattstunde Gas den gleichen CO2-Preis haben.

Peter Liese (CDU), Chefunterhändler des Parlaments, hofft auf eine unkomplizierte Regulierung. „Sowohl das Mandat des Rates als auch das Mandat des Parlaments bringen Probleme bei der Umsetzung mit sich“, sagte er. «Deshalb würde ich es persönlich lieber so breit wie möglich und damit so einfach wie möglich machen.» Zunächst will Liesi aber möglichst viel aus der komplizierten Lage des Gesetzgebers ins finale Gesetz einbringen.

Klimasozialfonds

Ein Teil der Erlöse aus ETS2 fließt in einen neuen sozialen Klimafonds, um Geringverdienern dabei zu helfen, ihre Häuser zu isolieren, energieeffiziente Heizungen zu kaufen und Elektroautos zu kaufen. Wenn die EU Sprit verteuert, soll sie auch dabei helfen, Alternativen zu finden – so die Idee.

>> Lesen Sie hier: Wie der soziale Klimafonds funktionieren soll

Bei so viel Geld, das in dieser Frage auf dem Spiel stand, war ein Konflikt absehbar. Die Mitgliedstaaten würden die Einnahmen lieber selbst planen, während das Parlament einen starken Sozialfonds will und die Gelder nach EU-Regeln fließen. Auch zwischen den Staaten herrscht Uneinigkeit: Der Fonds würde Einnahmen aus reichen Ländern an ärmere verteilen. Auf der anderen Seite sehen sich diejenigen, die mehr einzahlen als abheben würden, damit konfrontiert.

Der Grünen-Abgeordnete Bloss warnt davor, die Kürzung des Sozialfonds Klima nach den Vorstellungen der Mitgliedsstaaten zu favorisieren: „ETS2 wird bei den Bürgern sehr unbeliebt sein“, sagt er. “Wenn wir das Geld nicht wenigstens für die Ärmeren einsetzen, riskieren wir, die komplette Reform zu akzeptieren.”

Strengerer Emissionshandel

Der größte Vorteil der Klimareform ist, dass die Industrie mehr CO2 einsparen muss als bisher. Die Zahl der ausgestellten Zertifikate nimmt jedes Jahr um 2,2 % ab. Künftig sollen es 4,2 Prozent sein. Zudem müssen Millionen von Zertifikaten direkt aus dem Markt gezogen werden. Jede Änderung der Höhe des Zertifikats könnte zu enormen Kosten für die Industrie führen und gleichzeitig große Mengen an CO2 einsparen.

Gleiches gilt für die Aussetzung kostenloser Zuteilungen: Viele Sektoren haben bisher CO2-Zertifikate kostenlos erhalten, weil sie im internationalen Wettbewerb stehen und von CO2-Preisen betroffen sein könnten. Dies soll künftig nur noch in Ausnahmefällen geschehen, beispielsweise in der chemischen Industrie.

Andere Sektoren, darunter Stromerzeuger und Stahl, sollten keine kostenlosen Zertifikate erhalten. Stattdessen muss im Rahmen einer „CO2-Deckelanpassung“ auch auf Importgüter wie Strom und Stahl ein CO2-Preis erhoben werden.

Stahlwerk Salzgitter

Für die Stahlindustrie ist das Thema der kostenlosen Zuteilung von Emissionsrechten für exportierte Waren besonders wichtig.

(Foto: dpa)

Unterm Strich wäre ein fairer EU-Markt. Dazu gab es am vergangenen Dienstag eine grundsätzliche Einigung. Es bleibt abzuwarten, wie schnell die kostenlosen Zuteilungen verfallen.
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Exportunterstützung für die Stahl- und Aluminiumindustrie

Für die Stahl- und Aluminiumindustrie gilt es nicht nur, sich durch die Anpassung des CO2-Grenzwerts vor billiger ausländischer Konkurrenz zu schützen. Sie wollen ihre Waren weiterhin zu fairen Bedingungen auf dem Weltmarkt anbieten. Daher fordern die Produzenten, dass sie für die von ihnen exportierten Produkte keine CO2-Zertifikate kaufen müssen.

Wenn sie zahlen müssten, würde ihr Exportgeschäft wahrscheinlich zusammenbrechen. Sogar Klimaaktivisten sehen es also: „Für Exporte werden noch kostenlose Zuteilungen benötigt“, sagt Buck von Agora Energiewende. “Dies ist die einzige Ausnahme, die dauerhaft sein sollte.” Der Ausgang solcher Verhandlungen ist angedeutet, aber noch nicht sicher.

Mehr: Die EU hat sich auf ein unheimliches Klimaschutzinstrument geeinigt – Verbände warnen vor Schäden für die Branche.

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